Umwelt + Allergien
Das Immunsystem hat die Aufgabe, uns durch die Bildung von Abwehrkörpern vor Krankheitserregern zu schützen. Wenn solche Abwehrstoffe aber im Übermaß gegen harmlose Substanzen aus der Umwelt gebildet werden, sprechen wir von einer Allergie. Dazu gehören zum Beispiel Krankheiten wie Asthma, Heuschnupfen, wiederkehrende Hautausschläge (Neurodermitis) und eine Reihe von Nahrungsunverträglichkeiten.
Allergien haben in den vergangenen Jahrzehnten in vielen Regionen der Welt zugenommen. In Deutschland wurde nach einer Studie des Robert Koch-Instituts aus den Jahren 2008 bis 2011 bei einem Drittel der Erwachsenen schon einmal vom Arzt eine Allergie festgestellt.
Zur Häufigkeit von Allergien bei Kindern hat das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg zuletzt in den Jahren 2011 bis 2014 die Eltern von 1152 Viertklässlern in den Kreisen Ravensburg, Offenburg, Ludwigsburg und Emmendingen befragt. Danach hatten Ärzte bei den Kindern folgende Allergien festgestellt:
- 7 % der Jungen und 4 % der Mädchen litten an Asthma
- 12 % der Jungen und 8 % der Mädchen hatten schon einmal einen Heuschnupfen
- 17 % der Jungen und bei 12 % der Mädchen zeigten allergische Hautreaktionen (Neurodermitis)
Das Landesgesundheitsamt untersucht die Häufigkeit von Allergien bei Kindern in Baden-Württemberg seit über 20 Jahren. Innerhalb dieses Zeitraums ist die Allergierate nahezu konstant geblieben.
Eine Sensibilisierung, d. h. der Nachweis von Antikörpern im Blut gegen Stoffe, die über die Luft aufgenommen werden und Allergien erzeugen können, ist in der Studie des Landesgesundheitsamtes bei 40 % der Jungen und bei 34 % der Mädchen festgestellt worden. Eine Sensibilisierung kann, muss aber nicht, mit allergischen Erscheinungen verbunden sein.
Allergene in der Außenluft
Insbesondere die Pollen von Gräßern, von Bäumen wie der Birke oder der Haselnuss machen vielen Menschen im Frühjahr und im Frühsommer als Auslöser von Heuschnupfen zu schaffen. Pollen der Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia), die sich in Baden-Württemberg auszubreiten beginnt, treten im Spätsommer auf und haben eine besonders starke allergene Wirkung.
Allergene in der Innenraumluft
Hausstauballergien sind die häufigesten Allergien, die durch Fremdstoffe in Innenräumen ausgelöst werden. Verantwortlich dafür sind Hausstaubmilben, die sich vorwiegend von menschlichen Hautschuppen ernähren und vor allem in Matratzen vorkommen. Eine weitere Quelle für Allergene in den Wohnungen sind die Haare von Hunden, Katzen oder anderen Haustieren.
Auch Schimmelpilze in Wohnungen können Allergien verursachen; häufiger werden Schimmelpilzallergien aber durch Schimmelpilze aus der Außenluft ausgelöst.
Allergien gegen Hausstaubmilben kommen in Deutschland ungefähr bei 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung vor. Die Allergien werden von Eiweißbestandteilen ausgelöst, die die Milben mit ihrem Kot ausscheiden. Hausstaubmilben ernähren sich hauptsächlich von menschlichen Hautschuppen und halten sich überwiegend in Matratzen und Bettbezügen auf. Feuchtigkeit begünstigt das Auftreten von Hausstaubmilben.
Das Landesgesundheitsamt hat im Winter 2013/14 bei 245 Viertklässlern aus den Kreisen Ravensburg, Ludwigsburg und Emmendingen die Sensibilisierung gegen Hausstaubmilben untersucht. Eine Sensibilisierung bedeutet, dass spezifische IgE-Antikörper im Blut nachgewiesen werden können; nicht immer ist die Sensibilisierung mit allergischen Erscheinungen verbunden. Bei 18 % der untersuchten Kinder lag eine Sensibilisierung vor. Am höchsten war die Sensibilisierungsrate in Emmendingen (30 %).
Etwa die Hälfte der Kinder, die gegen Hausstaubmilben sensibilisiert waren, zeigten auch eine Sensibilisierung auf Vorratsmilben. Eine ausschließliche Sensibilisierung gegen Vorratsmilben trat bei keinem der Kinder auf. Vorratsmilben ernähren sich auch von Getreide, Fleisch, Käse etc. Tendenziell findet man die Hausstaubmilben häufiger in Städten und die Vorratsmilben eher auf dem Land, insbesondere auf Bauernhöfen.
Die Hausstaubmilbe ist daher nach wie vor in Innenräumen der wichtigste Auslöser von Allergien. Hausstaubmilbenallergien äußern sich in ganzjährigem chronischen Schnupfen, Hautjucken, Augenreizungen und asthmatischen Beschwerden. Meist treten die Beschwerden gehäuft im Herbst zu Beginn der Heizperiode auf.
Sofern die Bewohner nicht unter Milbenallergien leiden, sind Maßnahmen zur Vorbeugung von Milbenallergien nicht erforderlich.
Wenn jedoch bereits eine Milbenallergie besteht, sollte versucht werden, die Konzentration der Milbenallergene vor allem in den Schlafräumen zu vermindern. Als wirksam haben sich dabei allergendiche Bezüge der Matratzen und Bettdecken erwiesen. Die Bezüge sollten regelmäßig bei mindestens 60°C gewaschen werden. Wichtig ist auch eine gute Durchlüftung des Bettes. Die Luftfeuchtigkeit sollte nach Möglichkeit in den Räumen bei 45 bis 45 % rel. Feuchtigkeit liegen.
Bestandteile von Schimmelpilzen, wie z. B. die Pilzsporen selbst oder Bestandteile der Pilzfäden (Pilzmyzel), können wie viele andere biologische Stoffe bei entsprechend sensibilisierten Personen Allergien auslösen. Die Krankheitsmerkmale einer Schimmelpilzallergie können sich in chronischem Schnupfen, asthmatischen Beschwerden oder Hautausschlägen äußern und unterscheiden sich dabei nicht von den Merkmalen, die durch andere Allergene (z. B. Blütenpollen, Hausstaubmilben u. ä.) ausgelöst werden.
Wenn Allergien regelmäßig im zeitlichen oder räumlichen Zusammenhang mit dem Anwesenheit von Schimmelpilzen auftreten, kann dies als Hinweis auf das Vorliegen einer Schimmelpilzallergie gewertet werden. Da Schimmelpilze aber das ganze Jahr über sowohl in der Außenluft als auch in der Innenraumluft und im Hausstaub anzutreffen sind, lässt sich ein solcher Zusammenhang oft nur schwer ermitteln. Ob eine bestehende Allergie auf einen bestimmten Schimmelpilz zurückzuführen ist, kann daher nur durch spezifische Allergietests festgestellt werden, die unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden müssen.
Leichter festzustellen als eine Allergie ist eine Sensibilisierung gegen Schimmelpilze. Unter einer Sensibilisierung versteht man dabei die Bildung von bestimmten Antikörpern (IgE-Antikörper) gegen Schimmelpilzbestandteile, die im Blut der betreffenden Personen dann gemessen werden können. Eine Sensibilisierung kann häufig mit einer Allergie verbunden sein, sie kann aber auch ohne allergische Erscheinungen auftreten.
Allergien gegen Schimmelpilze sind wesentlich seltener als Allergien gegen Pollen oder Hausstaubmilben. Das Landesgesundheitsamt hat im Winter 2010/2011 knapp 1400 erwachsene Personen aus Baden-Württemberg untersucht und dabei folgende Ergebnisse gefunden:
- 2,5 % wiesen eine Sensibilisierung gegen eine Mischung von verschiedenen Schimmelpilzen auf
- 2,1 %-waren gegen den Schimmelpilz Alternaria alternata, der vorwiegend in der Außenluft vorkommt, sensibilisiert
- 0,8 % waren gegen Penicillium chrysogenum und 0,2 % gegen Aspergillus versicolor sensibilisiert. Beide Pilze kommen vorwiegend in feuchten Innenräumen vor
Bei über 700 Viertklässlern aus Baden-Württemberg hat das Landesgesundheitsamt in den Jahren 2010 bis 2014 folgende Ergebnisse ermittelt:
- 3,5 % waren gegen eine Mischung verschiedener Schimmelpilze sensibilisiert
- 0,8 % wiesen eine Sensibilisierung gegen Penicillium chrysogenum und
- 0,2 % eine Sensibilisierung gegen Aspergillus versicolor auf
Demnach sind Sensibilisierungen gegen Schimmelpilze aus der Wohnung eher seltener als gegen Schimmelpilze aus der Außenluft.
In den letzten Jahren sind Allergien gegen Ambrosia-Pflanzen verstärkt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit getreten. Die Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) - auch Beifußblättriges Traubenkraut genannt – ist ein aus Amerika eingeschlepptes Kraut, das sich in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der Klimaänderung auch in Baden-Württemberg auszubreiten beginnt. Sie gehört zu den Korbblütlern, wächst als Unkraut an Wegrändern, Ufern, in Gärten und an Ackerfluren und blüht im Spätsommer (Ende Juli bis Anfang Oktober). Die Pollen der Ambrosie können mit dem Wind über weite Strecken transportiert werden und bei Allergikern starke Allergien auslösen. Bisher sind die Pflanzenbestände in Baden-Württemberg noch relativ gering; die hierzulande in der Luft vorkommenden Pollen stammen meist aus weiter entfernten Gebieten (z. B. aus dem Rhonetal).
Zur Häufigkeit von Allergien, die bei Personen in Deutschland durch Ambrosia-Pollen ausgelöst werden, gibt es keine verlässlichen Angaben. Das Landesgesundheitsamt hat im Winter 2008/09 bei knapp 800 Viertklässlern aus Baden-Württemberg untersucht, ob spezifische IgE-Antikörper gegen Allergene aus der Ambrosia im Blut nachweisbar waren. Man spricht in diesem Fall von einer Sensibilisierung; eine allergische Reaktion muss mit der Sensibilisierung nicht verbunden sein. Bei 17 % der Kinder konnten Antikörper nachgewiesen werden, die mit den Allergenen aus Ambrosia reagierten. Viele dieser Antikörper reagieren aber auch mit ähnlichen Allergenen aus anderen Pflanzen wie dem Beifuß (Artemisia vulgaris) und können daher nicht als spezifische Reaktion gegen Ambrosia angesehen werden. Gegen ein bestimmtes Allergen, das nur in der Ambrosia-Pflanze vorkommt (das native Majorallergen n Amb a1), waren nur 2,4 % der Kinder sensibilisiert. Bei erwachsenen Personen aus Baden-Württemberg ermittelte das Landesgesundheitsamt im Winter 2010/11 bei 9 % eine Sensibilisierung gegen Allergene aus Ambrosia, 1,6 % der Personen waren gegen das Majorallergen Amb a1 sensibilisiert.
Gegenwärtig ist daher noch davon auszugehen, dass die meisten Allergien bei der Bevölkerung in Südwestdeutschland nicht durch Ambrosia-Pollen ausgelöst werden. Allerdings ist zu vermuten, dass bei Allergikern die Symptome durch Ambrosia-Pollen verstärkt und über einen längeren Zeitraum im Jahr anhalten können.
Ambrosia-Pflanzen - Ursache für die Zunahme von Allergien? (PDF; 606 KB)
Allum - Allergie, Umwelt und Gesundheit